Aus OSTTIROLER HEIMATBLÄTTER, NUMMER 9/2008, 75. Jahrgang, Seite 47-50

Eleonora Bliem-Scolari

Leonard LORENZ - Bildhauer und Maler

Positionen einer Innenschau

Warum erlebt man immer wieder beim Anblick von Kunstwerken Momente der eigenen Verunsicherung mit dem beinahe unbewussten Zwang zuzuordnen, einzustufen und abzuschätzen? Warum erlauben uns sichtbare künstlerische Artikulationen unsere Empfindungen so immanent zu beeinflussen? Der Aussagewert bzw. das Potenzial einer künstlerischen Arbeit, welcher Ausformung und Dimension auch immer, bedingt unsere Aufmerksamkeit tatsächlich zwischen jener als aufdringlich erkannten Unbalance und einem rhythmischen Ordnungsprinzip zu separieren. Wassily Kandinsky beschäftigte sich in seinem 1910 fertig gestellten Manuskript zur kunsttheoretischen Abhandlung 'Über das Geistige in der Kunst' zwar insbesondere mit der Malerei ' jener prolongierte Kanon ist aber durchaus allgemeiner vernetzbar! 'Die Form im engeren Sinn ist jedenfalls nichts weiter, wie die Abgrenzung einer Fläche von der anderen. Dies ist die Bezeichnung im Äußeren. Da aber alles Äußere auch unbedingt Inneres in sich birgt, so hat auch jede Form ihren Inhalt. Die Form ist also die Äußerung des inneren Inhaltes ...*1 Nun, jene tendenzielle Feststellung, die unabhängig vom jeweiligen Zeitgeist, von künstlerischen Strömungen oder anderen Avancen gültig ist, begreift man auch in den Arbeiten des Bildhauers und Malers Leonard Lorenz. Als prinzipiell für die Gegenwart gültige Aussage beschreibt er seine Intention als Kunstschaffender 1986 in einem Ausstellungskatalog folgend: 'Bildhauerei ist die Verdichtung einer Idee in Dimensionen und Proportionen (...)', und weiter: 'Auslöser bildnerischen Schaffens ist die Idee. Ohne die Notwendigkeit seitenlanger Erklärungen sollte ein Kunstwerk (...) dem Betrachter als Auslöser für eigene Erkenntnisse und Assoziationen dienen.*2

Leonard Lorenz wurde am 28. Feber 1948 in seinem Elternhaus in Tristach geboren, das Teil einer sehr kleinen und kaum ertragreichen Landwirtschaft war. Heute lebt er mit seiner Frau Andrea, einer Geigerin beim Kammerorchester München, und seinem Sohn in Neufahrn bei Schäftlarn, Nähe Starnberger See. Das Erwachsenwerden gestaltete sich nicht nur aus dem jugendlichen Augenblick heraus als sehr karges und arbeitsreiches Leben, das von außen keine Inkonsequenz zuließ. 'Meine Eltern, die einander über alles wertschätzten, waren davon überzeugt, dass einer von ihren beiden Söhnen Pfarrer werden und der andere die Landwirtschaft übernehmen sollte ...'3

Lorenz' älterer Bruder Friedrich Wendlinger studierte schließlich Mathematik an der Technischen Universität Wien und war bis zu seiner Pensionierung in führender Position bei Siemens in München tätig. Jene aufoktroyierte, anscheinend kaum zu überwindende Lebensvorlage bedeutete für den Jugendlichen aber auch, mit aller Nachhaltigkeit seine Ideale und Zielvorstellungen nicht nur als Parallelwelt im Kopf für seine Zukunft ausleben zu können. Die Faszination von Farb- und Symbolimpulsen der Kindheitserinnerung verdichteten sich bei Leonard Lorenz eigentlich durch einen Zufall zu jener konkreten Berufssehnsucht,nämlich Bildhauer zu werden - mit 13 Jahren brach er sich beim Skifahren das Bein und musste folglich längere Zeit im Bett verbringen. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft versorgte ihn gegen die Langeweile mit Abenteuergeschichten und Heimatromanen. Aber, Leonard Lorenz beschreibt rückblickend jenen Augenblick, als er die nicht mehr eruierbare Geschichte über einen Südtiroler Bildhauer las, als eindringliches Schlüsselerlebnis, als eine endlich stattgefundene Formulierung jenes Kernwunsches - die ersten Schnitzmesser erwarb er sich schließlich mit dem Geld vom Schafe hüten, und seinen Eltern bewies er als 14-Jähriger mit einer traditionellen Christusdarstellung die erste Stufe einer sehr unpathetischen Entwicklung. Im Übrigen bezieht sich die Namensgebung des Künstlers einerseits auf seinen früheren Vornamen und andererseits auf den abgeänderten Vornamen seines Großvaters Leonhard - den Familiennamen Wendlinger hat Leonard Lorenz definitiv seit 1983 abgelegt. Die Arbeiten des Kunstschaffenden sind im Grunde genommen in fortlaufender Repräsentanz das Ergebnis einer unabdingbaren Innenkehr mit dem genauso vehementen Willen zur Strukturierung von unfassbaren Bedingungen. Für Leonard Lorenz charakterisiert das Ziel nicht das Ende des Weges, sondern erfüllt sich als Konsequenz des Erlebens! Rudolf Arnheim schreibt 1971 am Ende des Kapitels 'Das Verlangen nach Struktur' in gleichnishafter Weise: ''(...) Dazu ist jedoch zu sagen, dass die Kunst nicht dazu da ist, den Strom des Lebens zu dämmen. Die Kunst begrenzt die Sicht des menschlichen Daseins immer nur innerhalb einer bestimmten Zeit- und Raumspanne im Einzelwerk - und darüber hinaus gibt sie uns manchmal die Stufen der Begebenheiten, so wie einer, der die dunkle Wendeltreppe eines mittelalterlichen Turms hinanklimmt, sich ab und zu mit einem Blick durch die Fensterchen vergewissert, dass die Sicht sich ändert und er also immerhin etwas vor sich bringt.*4 Die Bildhauerschule in Elbigenalp und die Akademie in München Überzeugung und die Kompromissbereitschaft der Eltern gestatteten Leonard Lorenz ab 1964 bis 1968 die staatliche Bildhauerschule in Elbigenalp bei Rudolf Geisler- Moroder zu besuchen. Der Kompromiss bestand darin, dass der junge Mann nur in den Wintermonaten bis zum Frühjahr an der Schule war und die restliche Jahreszeit dementsprechend zu Hause am Hof arbeitete. 'Die Finanzierung der Schule war alles andere als einfach - in den Sommermonaten arbeitete ich am Tag am Feld und schnitzte in der Nacht. Meine Werkstatt war der 15 m2 große Pferdestall, in dem ich interessierten Besuchern meine Werke zum Kauf anbot ...' In markanter Erinnerung blieb Lorenz in dieser Phase seiner Ausbildung zum Bildhauer, in der vor allem die Grundlagen fundierter Handwerkstradition absolute Priorität hatte, sein spärlich zu realisierendes Bedürfnis nach Entwurfsfreiheit und Abstrahierungstendenzen und 'das dementsprechende Diktat des barocken Schnitzens'.

Die Darstellung eines 'Christus am Kreuz' für die 1971 errichtete Totenkapelle der Pfarrkirche in Tristach bedeutete für den 23-Jährigen erstmals nach der Gesellenprüfung 1968 öffentlich die Ebene konformer Muster zu verlassen und die Freiheit der vielleicht auch provokanten Form nicht nur auf jeweilige Interpretationsvarianten zu belassen. Nur der Kreuzstamm hält den derben, vornüber hängenden Korpus, dessen nach oben und seitlich ausgestreckte Arme einem angedachten Querbalken folgen.

Die Entscheidung, nach Elbigenalp die Ausbildung an einer Akademie fortzusetzen, war für Leonard Lorenz eine weitere von Überzeugung und Beständigkeit begleitete Herausforderung. Zum einen galt es für ihn als Verpflichtung seinen Eltern gegenüber, in der Anbau- und Erntezeit in Tristach die Landwirtschaft zu betreiben, und zum anderen bedeutete der Besuch einer Akademie eine weitere finanzielle Misere, der er mit dem routinierten Verkauf seiner Werke entgegen steuern konnte.

Im Mai 1970 bestand er die Aufnahmeprüfung an die Akademie der Bildenden Künste in München und besuchte ab dem Wintersemester 1970 für kurze Zeit die an den Stil von Fritz Wotruba angelehnte Klasse von Prof. Georg Brenninger (1909 bis 1988). Der Zugang zur Hochschule zeichnete sich für den jungen Künstler als 'unglaubliche Revolution ab, die mich durch den uneingeschränkten Zugang zu Wissen und Disziplinen sprachlos machte'. Unter anderem vertiefte sich Lorenz in die analytisch philosophischen Texte des polnischen Philosophen und Logikers Joseph Maria Bochenski5, in denen der 22-Jährige die Erkenntnis der eigenen Möglichkeiten des Geisteslebens aufgerollt und durchaus auch reflektiert sah. Leonard Lorenz traf die Entscheidung, sich als Bildhauer einer neuen Formgebung hinwenden zu wollen, dem Wegnehmen das Hinzufügen voranzustellen und den Raum für Plastizität und Volumen zu erforschen. Eine treffende und sinnübergreifende Aussage trafen 1967 die britischen Modernisten William Tucker und Tim Scott: 'Die herkömmlichen Grenzen der Skulptur, Nachahmung und Material, leisten keinen Widerstand mehr. Jetzt muss der Bildhauer für alles, was er tut, die Verantwortung übernehmen. Selbst die stofflichen Eigenschaften der Materie sind nicht länger inhärent - sie werden vom Bildhauer bestimmt. (...)*6 Nach dem baldigen Wechsel in die Bildhauerklasse von Prof. Hans Ladner (1930 bis 2001) schloss Lorenz die Akademie 1976 als Meisterschüler mit dem Diplom ab. 'Eine gute Plastik kann man nicht mit dem Kopf konstruieren - Naturstudien sind wichtig, aber ich habe erst später damit begonnen, den Menschen in seiner abstrakten Dimension zu begreifen - und dann aus der abstrakten Dimension wieder zurück zur Natur zu kommen; folglich begreift man die Natur nur über die Abstraktion ...' Eine auf platonischem Gedankengut beruhende Definition des Künstlers, deren Annährung in der steten Umsetzung in der Plastik als postulierende Intention aufzufassen ist.


Ausstellungstätigkeit und öffentliche Aufträge - die Reflexion der Öffentlichkeit

Bereits 1970, also im ersten Semester als Akademiestudent, reüssierte er mit lobender Anerkennung vom Publikum in seiner ersten Einzelausstellung mit 28 Exponaten in der 'Städtischen Galerie' in Lienz7. Mit großem enthusiastischen Engagement folgten Einzelausstellungen und Beteiligungen an Präsentationen, wie zum Beispiel 1978 im 'Georg-Trakl-Haus' in Salzburg, 1981 und später 1991 im Münchner 'Haus der Kunst', in dem Jahr erhielt er außerdem den Ehrenpreis der Stadt Salzburg für seine Plastiken, weiters 1982 als Mitglied der Tiroler Künstlerschaft im 'Kunstpavillon' in Innsbruck, im folgenden Jahr in der 'Galerie Heseler' in München und der 'Galerie Orangerie' in Wien. Bis 1983 galt für die Wahl des Materials für seine frühen bildhauerischen Arbeiten Holz, Gips und Aluguss als bevorzugtes Ausgangsmittel, das Experimentieren mit Bronze als Werkstoff zeigte sich insofern als spannende Herausforderung, als er 1983 gerade für Bronzeplastik den Wiener Festwochenpreis überreicht bekam. Zahlreiche interessante Stationen seiner Ausstellungspräsenz spiegeln auch das rege Interesse des Publikums an seinen Arbeiten wider. 1984 beim Carinthischen Sommer in Ossiach, 1986 in der 'Residenz' in München, 1988 auf Schloss Bruck in Lienz, weiters auf Einladung 1989 eine viel beachtete Einzelausstellung in der 'Dome Gallery' in New York und wiederholt in der 'Samuelis Baumgarte Galerie' in Bielefeld. In den 1990er-Jahren u. a. in Lienz, 1992 in der 'Städtischen Galerie', 1999 in der 'Spitalskirche' und weitere Positionen in Berlin, Frankfurt und Paris. Was den Künstler über Jahrzehnte hinweg beschäftigte, ist die charakterspezifische Eigenschaft, mit unabwendbaren Begebenheiten, mit schicksalsbestimmten Situationen, aber auch mit Glücksmomenten abwägend bzw. differenzierend umzugehen - die Ergebenheit dem Schicksal gegenüber im engeren Sinn endet folglich auch in ergreifender Ausweglosigkeit. In diesem Kontext zitiert Lorenz Franz Kafkas 'Türhüter-Parabel*8, deren Interpretationsvarianz individuumsabhängig sehr gering erscheint. 'Ich erfahre meinen Weg im Leben nur durch das Tun, was das Leben mir aufgibt - die Grundinformationen im Menschen, sein Geist und seine Seele sind wie Programmvorlagen, die uns mitgegeben werden - ist der Mensch sein eigener Türhüter, der sich selbst nicht weiter schreiten lässt?' Erkenntnis und Erstaunen, Leichtigkeit und Anspannung sind Teil von Leonard Lorenz' Arbeit als Plastiker, als Skulpteur und als Formgeber. 'Die konditionierten Muster sind so mächtig, dass wir das innere Programm kaum aufmachen können - der Code kann nur geknackt werden, wenn man den unsicheren Weg trotzdem geht ...' Eine besondere Herausforderung stellt wahrscheinlich für jeden Künstler der Auftrag für ein Werk im öffentlichen Raum dar. Nicht nur die Dimensionierung als Großplastik ist augenfälliger, viel mehr entzieht sich jene Idee des Kunstschaffenden nicht dem ambivalenten Diskurs der Betrachter, der Zuschauer.

Die private Skulptur, vom Einzelnen, vom Sammler erworben, genießt durchaus einen bevorzugten Stellenwert. Immerhin schreibt Uwe Lewitzky zu diesem Thema recht aufschlussreich, wenn er kritisch anmerkt, dass 'Kunst im öffentlichen Raum von Künstlern und Kritikern zusehends als symbolische Schwelle und affirmative Dekoration innerstädtischer Erlebniswelten wahrgenommen wird (...).*9 Um so schwieriger ist es für einen Künstler, einem gewissen Allgemeinbedürfnis gerecht zu werden, ohne sich selbst zu verleugnen.

1984 erteilten das Architektenteam Hubert Prachensky und Hermann Leitgeb direkt an Lorenz den Auftrag, für das Foyer der gerade im Bau befindenden Frauen- und Kopfklinik in Innsbruck eine Großbronzeplastik (1984 bis 1986, 700 x 300 x 100 cm) zu erarbeiten. Die Thematik des Frauseins und des Menschwerdens erfüllte er zum Teil als ausgesprochen impulsive und sehr dynamische Plastik, die aus der heutigen Sicht gerade durch ihre aufgebrochene Gestik nicht an Aktualität eingebüßt hat.

Anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Lienz ging 1992 der Auftrag an Lorenz eine Brunnenanlage für den Linken Iselkai zu gestalten10. Ein Schmetterling (400 x 350 x 350 cm) aus Bronze balanciert auf einem mit bunten Mosaiksteinen ausgelegten Bassin und ist Sinnbild für ein die Menschheit bestimmendes, omnipräsentes Gesetz des Werdens und Vergehens - schließlich dem grundsätzlich dualen Prinzip des Seins. 1993 konzipierte Leonard Lorenz nach einem Wettbewerb für den Vorplatz der Telekom in Frankfurt die Bronzeskulptur 'Focus I' (480 x 400 x 100 cm), 1994 für Langenargen am Bodensee 'Focus II' (400 x 130 x 130 cm), 1999 einen Brunnen in Erfurt und 2000 für den Landtag in Klagenfurt die mittelformatige Plastik 'Transparenz des Seins'. Eine 'Auferstehungsgruppe' für die Außenfassade der Auferstehungskirche Rottach- Egern am Tegernsee, die in den 1950er-Jahren von dem norwegischen Architekten Olaf Andreas Gulbransson erbaut wurde, zählt zu den aktuellen, noch in der Ausarbeitungsphase befindenden Projekten des Bildhauers. Eine weitere Plastik im sakralen Raum - ein Tabernakel mit der symbolisierten Darstellung der vier Elemente - findet man in der zwischen 1998 und 2001 architektonisch und künstlerisch neugestalteten Kapelle im Haupttrakt des Bezirkskrankenhauses in Lienz. Auf Initiative des Ideenforums Osttirol wurde im Frühling 2008 erstmals, dem Vereinsziel entsprechend, der 'Sämann-Preis' für außerordentliches Engagement für Osttirol ausgesprochen und verliehen, dessen gegenständliche Ausführung wurde an Leonard Lorenz herangetragen. Der Doppelfigur Sämann und Teufel von Albin Egger-Lienz (sie gilt als das Logo des Vereins) entgegnet Lorenz im Grunde genommen mit einer diametralen Aussageformel zur ursprünglichen religiösen Auffassung von Mensch und Teufel mit der Darstellung eines einzigen Säenden mit leerem Sack - wir sind es selbst, die Verantwortung übernehmen sollen, 'Inneres und Äußeres, Leere und Form bedingen sich und wir sollten aus dem Geistigen säen - ohne Egozentrik und Egoismus ...'

Beschäftigt man sich mit den Arbeiten des Plastikers, dann erkennt man auch seine Tendenz, mehrere Ebenen in seinen Motiven 'anzusprechen". Worauf ruht eine Plastik? Sockel, Podest und Form - wie entscheidend ist deren Miteinbeziehen in die Frage der Interpretation?


Plastik und Bildwerk als korrespondierende Äußerungen

Das Wechselspiel der Ebenen im haptischen Bereich verleitet dazu, seine Bildwerke in ihrer Zweidimensionalität als begleitende Artikulation einzuordnen. Dezidiert malt Leonard Lorenz seit 1996 - eine Erkrankung ermöglichte es ihm für längere Zeit nicht, dreidimensional zu sehen. Natürlich entstanden schon davor zeichnerische und malerische Vorlagen in Vorbereitung auf seine Skulpturen. Aber, die aus den Umständen heraus fortgeschrittene Eigenständigkeit der Bildwerke korrespondiert nun als ebenso inhaltsweisende Komponente mit der Plastik. Die Linearität der Skulptur wird offensichtlich nicht den kubistisch linearen Chiffren der Malerei vorangestellt! Der Chefredakteur der Zeitschrift 'Arte e Fede', Dante Faciolo, schrieb 2004 im Zusammenhang mit Lorenz' Ausstellung in der 'Galleria La Pigna' in Rom, in der er Dante Alighieris 'Göttliche Komödie' als Maler und Bildhauer thematisierte: 'Und Lorenz ist Dichter, er ist leuchtendes Beispiel eines Dichters, das heißt, er ist fähig, den Menschen über alte Formen der Kommunikation moderne Erwartungen und unabdingbare Ziele zu vermitteln.11' Für Lorenz selbst entspricht der Zyklus um Dantes Jenseitsreise, sein Inferno, Purgatorio und dem Paradiso einem Zustand und der Möglichkeit des Menschen, die eigene Welt auszuloten. 'Dieses Eindringen in die eigene Tiefe ist notwendig, um eine innere und damit auch äußere Erstarrung zu vermeiden und einen tatsächlichen Dialog mit der Außenwelt zu beginnen (...).12'

In einer Reihe von Ausstellungen vereint er schließlich seinen konzeptiven Hintergrund. 2002 in der niederländischen Galerie 'Groll Naarden', 2005 an der Hochschule für Musik in München, 2006 im 'Malura Museum' in Oberdießen, im Frühling 2008 in der 'Kunsthalle Hosp' in Nassereith und schließlich im Herbst 2008 bei den vom Künstler initiierten Kulturwochen im 'Artforum Lorenz' und in der RLB in Lienz.

Als spannende Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Errungenschaften gestaltet sich ein besonderer Auftrag, der als Ehrerweisung im Dezember 2008 einem deutschen Nobelpreisträger verliehen werden soll. Nun, ein schlussendliches Resümee nach der Auseinandersetzung mit der Arbeit von Leonard Lorenz lässt einen Erzähler erahnen, dessen Bedürfnis nach nicht selbstverständlicher Mitteilung in der Darstellung auch als Akt der Befreiung der persönlichen Wertigkeiten zu verstehen ist - als Innen- und Außenschau eben.


Anmerkungen:

1 Wassily Kandinsky, über das Geistige in der Kunst, Bern 2006, Seite 73.

2 Lorenz, Skulpturen, Ausstellungskatalog, München o. J., Rückumschlag Innenseite.

3 Die kursiv gehaltenen Passagen beziehen sich auf Gespräche von Leonard Lorenz mit der Autorin im Sommer 2008.

4 Rudolf Arnheim, Das Verlangen nach Struktur, in: Entropie und Kunst, Neuauflage, Köln 1996, Seite 79.

5 Vgl. Joseph Maria Bochenski (1902 bis 1995), Wege zum philosophischen Denken, 1959.

6 Vgl. William Tucker und Tim Scott, Reflections on Sculpture, in: Ausst.kat. Tim Scott: Sculpture 1961-67, London 1967, o. S.

7 Vgl. dazu: Osttiroler Bote, 25. Jg., Nr. 50, 10. Dezember 1970, Seite 42.

8 Franz Kafka, Vor dem Gesetz (genannt 'Türhüter-Parabel'), aus dem Romanfragment 'Der Process', veröffentlicht 1915.

9 Uwe Lewitzky, Kunst für alle?, Bielefeld 2005, Seite 85.

10 Vgl. dazu: Osttiroler Bote, 47. Jg., Nr. 33, 13. August1992, Seite 17.

11 Korrespondenz Dante Faciolo mit Leonard Lorenz, 2004.

12 Korrespondenz mit der Autorin im Feber 2006.